Der folgende Artikel erschien in den Lübecker Nachrichten vom 23.04.2025. Autor: Kai Dordowski. Bildquelle: Lutz Roeßler.
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Die Bürgerenergie-Genossenschaft Lübeck plant an der Ivendorfer Landstraße eine Photovoltaik-Freiflächenanlage mit mehr als 2000 Modulen. Obwohl Lübeck solche Anlagen dringend braucht, sind die Auflagen enorm.
Lübeck. Die beiden grünen Wiesen an der Ivendorfer Landstraße sind wie prädestiniert für einen Solarpark: In der Straße liegt ein Netzanschluss. 1000 Sonnenstunden im Jahr garantieren ordentliche Erträge. Mit 2273 Modulen können 1800 Kilowattstunden grüner Strom in der Stunde erzeugt werden. Das reicht für 700 bis 800 Haushalte – und der benachbarte Hafen hat auch schon Interesse angemeldet.
1,8 Millionen Euro will die Bürgerenergie-Genossenschaft Lübeck in die Freiflächen-Photovoltaikanlage investieren. Ralf Giercke und Hans-Friedrich Weigel vom Vorstand der Genossenschaft hoffen, im Herbst mit dem Bau beginnen zu können. Der Weg dahin war mit Hindernissen gepflastert, die Vorstandsmitglieder mussten sich förmlich durch das deutsche Planungsrecht kämpfen.
„Die Umwandlung von Ackerland und Grünland sowie die Installation von PV-Modulen verändert die Habitatstruktur und führt zu dauerhafter Beschattung. Dies beeinflusst den Bodenwasserhaushalt und die Vegetation“, merken Behörden in den Planungsunterlagen an. „Die PV-Anlage verursacht Wärmeinseln durch Absorption der Sonnenenergie, was das lokale Mikroklima erwärmt.“
Die Bürgerenergie hat Gutachten um Gutachten vorgelegt. So wurde begutachtet, ob die Solarmodule Lokführer blenden könnten, die mit ihren Zügen auf den Gleisen direkt neben der Anlage unterwegs sein werden. Ein archäologisches Gutachten untersucht mögliche Siedlungen der Slawen. „Drei ehrenamtliche Freunde der Archäologie haben mit Metalldetektoren alles abgesucht“, erzählt Ralf Giercke.
„Ein paar Mal waren wir verzweifelt“, räumt der frühere Stadtwerke-Mitarbeiter ein. Besonders zugesetzt hat dem Vorstand die Auflage, von einem Wäldchen am Rande der einen Wiese 30 Meter Abstand zu halten. „Das ist die breiteste Stelle des Geländes, da hätten besonders viele Solarmodule hingepasst“, erklärt Giercke, „das war ein kritischer Moment.“ Herausfordernd sei auch die Auflage, 8239 Quadratmeter Ausgleichsfläche in „Ostseenähe mit möglichem Salzwassernebel“ zu schaffen, erklären die Vorstandsmitglieder. Dank guter Kontakte hat die Genossenschaft in der Nähe eine passende Fläche gefunden, ebenso wie eine Stelle für einen Ersatzknick.
Auch wenn die Anlage stehen sollte, ist es mit den Auflagen nicht vorbei. „Nach Inbetriebnahme ist eine Schafbeweidung bis zu zwölf Monate in einer maximalen Besatzstärke von einer Großvieheinheit je Hektar zulässig“, steht in den Planungsunterlagen. Ralf Giercke vergleicht die behördlichen Auflagen mit dem Gesellschaftsspiel „Malefiz“, bei dem die Mitspieler einander die Spielfiguren mit Steinen blockieren. „Man muss dann einen anderen Weg finden“, erklärt Giercke. „Wir waren schon überrascht, wie viel Aufwand wir treiben müssen“, sagt Hans-Friedrich Weigel, „ans Aufgeben haben wir aber nie gedacht.“ Chinesische Module, die eigentlich in die USA sollten.
Dabei ist die Solaranlage in Ivendorf durchaus willkommen. Der Bauausschuss hat einstimmig den Planungsprozess angestoßen und die Verwaltung schreibt: „Das Vorhaben trägt dazu bei, dass die Hansestadt den Zielen beim Klimaschutz näherkommt.“ Bis 2040 will Lübeck weitestgehend klimaneutral sein.